© andreas130 / www.fotolia.de
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Sprengel Museum Hannover


Kurt-Schwitters-Platz
30169 Hannover
Tel.: 0511 168-43875
Homepage

Öffnungszeiten:

Di 10.00-20.00 Uhr
Mi-So 10.00-18.00 Uhr

Künstlerische Strategien der Dokumentation in den 1960er- und 1970er-Jahren

12.02.2014 - 25.05.2014

In dem Schnappschuss eines Pressefotografen, der am 29. Juni 1967 im Daily Sketch erschien, fand Richard Hamilton seine Vorlage. Der Künstler bearbeitete das Motiv unter dem Titel „Swingeing London“ in verschiedensten Techniken und Medien: Das originäre Foto zeigt Mick Jagger und Robert Frazer in einem Polizeiwagen, des illegalen Drogenbesitzes für schuldig befunden und mit Handschellen aneinandergefesselt. Der hier präsentierte Siebdruck von 1972 forciert durch zugespitzte Farbgebung und reduzierte Details eine Spannung zwischen primärer Information und medialer Verfremdung.
Die 1960er- und 1970er-Jahre spannen den zeitlichen Bogen über die hier ausgestellten Werke. Mit dem Wandel zur sogenannten Informationsgesellschaft stellen diese Dekaden eine Phase des Um- und Aufbruchs dar. Die Medienlandschaft veränderte sich, Information wurde zum Rohmaterial und Produkt. Das politisch-gesellschaftliche Leben war von Protesten geprägt, die sich ebenso gegen das krisenhaft zugespitzte Misstrauen zwischen den politischen Blöcken im Verlauf des Kalten Krieges richteten wie gegen die als veraltet empfundenen bürgerlichen Konventionen.
In der Kunst fand dies seinen Ausdruck in einem grundlegend veränderten Werkbegriff und einem politischen oder sozialkritischen Engagement. Vernetzung und Interaktion charakterisierten das Wirken der Kunstszene. Traditionelle Kunstinstitutionen, ihre Präsentationsräume und Vermittlungsformate, wurden durch alternative Räume, Medien und Distributionsformen ersetzt. Künstlerinnen und Künstler wirkten als Kritiker und Vermittler ihrer Werke und öffneten ihre Arbeit dem Bereich des Kognitiven. Konzepte und Prozesse traten an die Stelle des traditionellen Kunstobjekts. Der Anspruch einer Demokratisierung der Kunst führte dazu, dass Werke in Form von Publikationen oder Ideen im globalen Netzwerk zirkulieren konnten und verfügbar wurden.
Information wurde zum künstlerischen Material, Kommunikation zum Werkprozess. Die Dokumentation – Konzept der Aufzeichnung und Speicherung von Informationen zu ihrer weiteren Verwendung – verbindet beide Aspekte. Als künstlerische Strategie unter ganz verschiedenen Vorzeichen brachte die Dokumentation den Betrachter auf ganz neue Weise mit Kunst in Berührung. Als Kunstkommentare erweiterten Werke in diesem Kontext, über die künstlerische Praxis und ihre Rezeption, die Grenzen der Kunst.

KULTURpur empfehlen