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Sprengel Museum Hannover


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Bernhard Fuchs: Porträts / Autos / Straßen und Wege

27.06.2012 - 07.10.2012
Bernhard Fuchs (*1971) entwickelte über zwei Jahrzehnte hinweg drei Bildzyklen: Porträts, die die Menschen seiner Heimat zeigen, Aufnahmen von Autos, die an menschenleeren Orten stehen, und eine Serie von Bildern, die Wege und Straßen zeigen. Zu jedem Zyklus erschien eine Publikation. Seit kurzem liegt eine vierte Publikation vor, die sich den bäuerlichen Gehöften der heimatlichen Region widmet.
Die intensive Vertrautheit mit den Menschen dieser Region und mit der Landschaft hat von Beginn an die Fotografien von Bernhard Fuchs beeinflusst. Oberösterreich, wohin der Fotograf für seine Bilder immer wieder zurückkehrt, zeichnet sich durch einen kargen Boden und Landwirtschaft aus. Naturbelassene Fließgewässer durchziehen das Granit- und Gneisplateau, das im Norden an Bayern und Böhmen, im Süden an die Donau grenzt.
Porträt und Landschaft gehen in den Fotografien von Bernhard Fuchs eine enge Verbindung ein: Den Porträts ist eine geografische Dimension eingeschrieben, den Landschaften wiederum eine soziologische. Dennoch ist dies nicht das eigentliche Thema der Bilder. Es geht um eine Distanz aufbrechende Vertrautheit, die sich mittelbar durch die Nähe des Künstlers zu Landschaften und Menschen für den Betrachter einstellt. Fuchs arbeitet in Farbe, die er meisterlich nuanciert beherrscht. Er setzt sie auf unterschiedliche Weise ein, um Stimmungsräume zu entwerfen: Orte einer jeweils sehr eigen gefassten und erlebten Erfahrung des Verhältnisses zwischen Individuum und Welt.
Bernhard Fuchs verließ Österreich, um von 1993 bis 1997 bei Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf und im Anschluss an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Timm Rautert zu studieren. Er zählt zu jenen jungen Fotografinnen und Fotografen, die sich seit den 1990er-Jahren auf intensive Weise über das Porträt mit dem Thema der Herkunft auseinandersetzen. Sie fotografieren an Orten und in Landschaften, die ihnen Heimat bedeuten. Formal scheint der Bezug zu August Sander naheliegend. Doch berufen sich diese Fotografinnen und Fotografen vielmehr auf Walker Evans, Robert Frank, Diane Arbus oder Robert Adams. Diesen neuen Porträts liegt die Erfahrung eines Verlustes zugrunde. Sie weisen mit emotional aufgeladenen Räumen und Orten der Jugend auf einen Rückzugsort hin.
Der Kunsthistoriker Heinz Liesbrock begleitet zwei der publizierten Serien mit Texten, in denen die Zeitlosigkeit der Bildfindungen von Bernhard Fuchs zentrales Thema ist: »Das Licht hält den Raum des Bildes, gibt ihm Halt und lässt ihn als Totalität erscheinen. Zugleich schließt es ihn aber nicht ab, sondern macht ihn durchlässig und weit. Auch die Ferne jenseits des Horizonts ist mit einbezogen in diese umfassende Gewissheit. Beim Blick dorthin empfinden wir keine Verlorenheit – auch hier Vertrautheit und Nähe. So fühlen wir unseren Atem in Betrachtung dieser Fotografien wie befreit. Denn alles Sichtbare, jede Beobachtung in ihnen weist, obwohl es ganz real ist und als ein Element der Wirklichkeit spürbar bleibt, nach innen und wird zum Zeichen für eine vertraute Empfindung. Die Landschaft öffnet sich und lässt uns eintreten in uns selbst.«
In den Fotografien von Bernhard Fuchs scheint der ländliche Lebensraum die bildnerische Vision einer nichtentfremdeten Existenz zu beherbergen. Hieraus gewinnen sie – trotz ihrer engen Bindung an eine sehr spezifische Region – ihre allgemeingültig scheinende Formulierungskraft. »Denn was sichtbar ist, steht wie außerhalb der Zeit. Es ist immer da, verflüchtigt sich nicht. Es zeigt sich dem, der bereit ist zu schauen. Beim Betrachten dieser Bilder wird die Zeit langsamer und weiter. Es entstehen Augenblicke von reinem Dasein, und wir gewinnen ein Gefühl von Dauer.«

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