Haus Knobloch, 1926, heute Haus am Waldsee, Foto: Käthe Stoef, Hamburg
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Haus am Waldsee - International Kunst in Berlin

Haus am Waldsee, Fassadengestaltung Werner Aisslinger, 2013, Foto: Daniele Manduzia
Haus am Waldsee, Fassadengestaltung Werner Aisslinger, 2013, Foto: Daniele Manduzia
Haus Knobloch, 1926, heute Haus am Waldsee, Foto: Käthe Stoef, Hamburg
Haus Knobloch, 1926, heute Haus am Waldsee, Foto: Käthe Stoef, Hamburg

Argentinische Allee 30
14163 Berlin
Tel.: 030 801 89 35
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Öffnungszeiten:

Di-So 11.00-18.00 Uhr

Stefan Panhans: Too much change is not enough

17.01.2014 - 23.03.2014

Seit der Jahrtausendwende befinden wir uns am Wendepunkt eines historischen Medienbruches. In solchen Zeiten, - die auch frühere Jahrhunderte erlebten -, entwickelt der Mensch einen radikal neuen Subjektbegriff. Am Übergang von der analogen zur digital globalisierten Medienwelt beobachtet Panhans die besonders porös gewordenen Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen privat und öffentlich. Bei der inzwischen erreichten Volltransparenz der Person konstatiert Panhans eine paranoide Grundstruktur von Subjektivität, die er mit klarem Blick für die Zwänge und Ängste unserer Zeit herausarbeitet.
Mit diskreter Kamera untersucht er zum Beispiel in einer Fotoserie das stereotype Frauenbild von Verkäuferinnen in zumeist leeren Luxusgeschäften, Büros, Galerien oder auf Messen. Panhans beobachtet seine Protagonisten gern in beengten, bühnenartig inszenierte Situationen, in denen sie ganz bei sich zu sein scheinen und eine gewisse Besessenheit durch Sprache oder Körpertraining zum Vorschein kommt. So zählt eine junge Frau Speiseangebote auf und beendet ihren rasanten Text mit einer ausgleichenden Yogaübung, so als neutralisiere sie durch Dehnübungen die zu schnell gesprochenen Worte. Eine andere sitzt kerzengerade im Politessenkostüm am Lagerfeuer und macht sich über ihre ayurvedische Ernährung Gedanken, als würde sie den Fahrplan der Deutschen Bahn aufsagen. Sie ist die Heldin des zeitgemäßen Frauenbildes und ihr gegenüber sitzt der Antiheld aus einem Westernmärchen. Beide scheinen an unsichtbare Datennetze angeschlossen. Auf erschreckende Weise wird dem Betrachter klar, wie tief er selbst bereits in der Absurdität des von außen bestimmten Lebens verstrickt ist.
Panhans arbeitet stets mit der Standkamera. Es gibt keinen Schnitt, keinen Schwenk, keinen Zoom. Nur im Hintergrund rieselt der Schnee, flackert das Feuer, fährt ein Auto vorbei, drängen Menschen durch schmale Zugabteile. Jegliche Handlung scheint aufgehoben. Der übliche Schock-Charakter des Bildschnittes bleibt aus. Es entsteht eher ein »Zeitbild« als eine herkömmliche Filmnarration. Bild und Text sind in ihrer Funktionsweise vertauscht: die Sprache wird zur bildgebenden Instanz. Über die Sprache fördert Panhans das Unbewusste zu Tage. Das Gesprochene ähnelt dabei dem Formen von Gedanken, dem Alogischen des Traums oder automatischen Gedankenniederschriften in unterschiedlichen Tempi: gereiht, beschleunigt, fragmentiert oder montiert. Zu sehen sind Arbeiten aus den letzten zehn Jahren, die unter anderem neu für das Haus am Waldsee entstehen.

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