Haus Knobloch, 1926, heute Haus am Waldsee, Foto: Käthe Stoef, Hamburg
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Haus am Waldsee - International Kunst in Berlin

Haus am Waldsee, Fassadengestaltung Werner Aisslinger, 2013, Foto: Daniele Manduzia
Haus am Waldsee, Fassadengestaltung Werner Aisslinger, 2013, Foto: Daniele Manduzia
Haus Knobloch, 1926, heute Haus am Waldsee, Foto: Käthe Stoef, Hamburg
Haus Knobloch, 1926, heute Haus am Waldsee, Foto: Käthe Stoef, Hamburg

Argentinische Allee 30
14163 Berlin
Tel.: 030 801 89 35
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-So 11.00-18.00 Uhr

Bjørn Melhus: LIVE ACTION HERO

11.01.2011 - 10.04.2011
Seit 1987 lebt und arbeitet Bjørn Melhus (* 1966) als einer der international angesehensten deutschen Videokünstler in Berlin. Stipendien haben den Künstler mit norwegischem Pass mehrfach in die USA und andere Teile der Welt geführt. Konzipiert, gedreht und produziert wurden aber fast alle seine Arbeiten an der Spree. "LIVE ACTION HERO" zeigt das bisherige Gesamtwerk von 1991 bis 2011. Sämtliche dreizehn Videoinstallationen der Ausstellung werden zum ersten Mal in einer Berliner Institution gezeigt. Es sind frühe Arbeiten über die Traumfabrik Hollywood bis zu Bildern von traumatisierten Kriegsveteranen zu sehen, die seit dem Vietnamkrieg in den Medien verherrlicht, in Wirklichkeit aber als psychisch gebrochene Menschen kaum noch Chancen haben, in die heimatlichen sozialen Netze zurückzukehren. Actionfilme erreichen ein begeistertes Millionenpublikum. In der Realität jedoch werden die Rückkehrer die Gespenster des Krieges innerlich nicht mehr los. Diese nach Irak und Afghanistan auch in Deutschland aktuelle Situation verarbeitet Melhus in seinen jüngsten Werken. Der Titel der Ausstellung geht auf die jüngsten Projekte wie "Deadly Storms" (2008), "Murphy" (2008), "Hecho in Mexico" (2009) und "Heimspiel: The Haunting" (in Arbeit, 2011) zurück, in denen sich Melhus ausführlich mit der Thematik traumatisierter Kriegsveteranen beschäftigt. Seit Neil Postman ist das Phänomen der Medialisierung der Gesellschaft durch das Eindringen von Fernsehen, Film und Videoclip als Kommunikations- und Erfahrungsersatz analysiert worden. Der Mensch hat sich in einen passiven Konsumenten medialer Massenware verwandelt. Sie unterscheidet kaum noch zwischen Unterhaltung, Traum, Trauma und Information. Vierundzwanzig Stunden am Tag werden in globalen TV-Programmen Fertigbedeutungen gereicht. Das Erleben der realen Welt scheint überflüssig geworden zu sein. Aus assoziativ zusammengefügten Fragmenten der Filmwelt baut Melhus in Ton und Bild eigene Fabeln und Geschichten als Audio- und Filmcollagen auf. Dabei spielt er konsequent alle Rollen selbst und unterlegt sie mit Tonspuren berühmter, meist verstorbener Hollywoodstars. Seit "Zauberglas" (1991) oder "Again and Again" (1998) stehen Fragen nach der eigenen Identität, dem Woher und Wohin sowie der Grenze zwischen Ich und Medienwelt im Mittelpunkt. Die Ausstellung "LIVE ACTION HERO" macht dies deutlich, indem sie den Bogen über den gesamten bisherigen Schaffenszeitraum von zwanzig Jahren spannt. In der Ausstellung wird ein bestuhlter Kinoraum eingerichtet, in dem vier Filme aus dem cinematografischen Werk seit 1995 vorgestellt werden. Andere Arbeiten wie "Murphy" oder "Heimspiel: The Haunting" werden teilweise szenisch aufgebaut oder in Großprojektionen inszeniert, sodaß der Besucher sich lange in den Räumen aufhalten mag. Auf den künstlerischen Schultern von Nam Jun Paik und Bruce Naumann, gelingt es Melhus, den Bezug zwischen Massenmedien und Zeitgenossen im frühen 21. Jahrhundert in Wort und Bild zu hinterfragen und durch eigene Filme Antworten zu liefern. Er selbst bleibt bewusst Teil der Medienwelt, die er zugleich analysiert, dechiffriert und in eigenen Geschichten neu kodiert. Somit ist Melhus niemals nur kritischer Beobachter, sondern stets auch selbstverantwortlicher Akteur. Der Künstler führt ein Doppelspiel, das exemplarisch für die jüngere Mediengeneration steht. Wie kein anderer arbeitet er die Absurdität des Mediums TV und Kino heraus und beobachtet deren Wirkung auf die Generationsgenossen.

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