c/o Berlin, (Foto: David von Becker)
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Gregory Crewdson: In a Lonely Place

02.07.2011 - 04.09.2011
Namenlose Suburbs in den USA. Wohnungen sind vermüllt, Straßen leer gefegt, Bahngleise zugewachsen und verfallene Häuser in Flammen. Die Spuren der Industrialisierung und Zivilsation wirken wie Ruinen. Gewaltig bemächtigt sich die Natur dieser Orte, doch weder idyllisch noch romantisch. Menschen stolpern orientierungslos und fast unbeteiligt durch eine bedrohliche Szenerie. Ohne Blickkontakt wendet sich jeder vom anderen ab und reagiert nicht auf diese apokalyptische Sprachlosigkeit. Auch wenn keine unmittelbare Gewalt sichtbar ist, ist sie doch allgegenwärtig spürbar. Leere, Einsamkeit, Statik und Paranoia - die perfekt arrangierten Fotografien von Gregory Crewdson kehren die Schattenseiten des amerikanischen Traums zwischen Normalität und Grauen von Innen nach Außen. Im Unterschied zum klassischen Thriller machen die Menschen auf Gregory Crewdsons detailreichen Tableaus aus der Serie Beneath the Roses keine Anstalten, etwas zu ändern, sich zu wehren oder ihr Leben zu retten. Teilnahmslos, leer und ferngesteuert haben sie sich mit dem Mysteriösen des Alltags abgefunden. Diese umgreifende Entfremdung wirkt in der hyperrealistischen Darstellung umso irritirender und beunruhigender. So werden der bürgerliche Lebensentwurf und die typische Vorstadtidylle als beklemmende Vorhölle enttarnt. Nicht der soziale Aufstieg ist in Szene gesetzt, sondern die verdrängten seelischen Abgründe. In den rätselhaften Bildern ist das Unheimliche nichts Neues oder Fremdes, sondern das Vertraute von nebenan. Die großformatigen Fotografien sind inszenierte Anti-Narration. Anfang und Ende der Erzählungen liegen außerhalb des Bildauschnittes, so dass der Inhalt sich stets in einem Schwebezustand befindet, ohne je aufgelöst zu werden. Jeder Anhaltspunkt erweist sich als trügerisch. Mit diesem Bekenntnis zu breit angelegter Erzählkunst entwickelt Gregory Crewdson die Traditionslinie der inszenierten Fotografie weiter, die sich seit Cindy Sherman und Jeff Wall als eine der wichtigsten Ausdrucksformen gegenwärtiger Fotokunst erweist. Sein Werk ist zudem stark geprägt von der Bildwelt des amerikanischen Hollywoodkinos, insbesondere von der Thematik und Bildsprache David Lynchs und Steven Spielbergs. Gleichzeitig zerstört Gregory Crewdson bewusst mit filmischen Mitteln den Nimbus des Authentischen und Dokumentarischen, der dem Medium Fotografie bis heute anhaftet. Dafür betreibt er einen immensen Aufwand, lässt Kulissen bauen, beschäftigt einen großen Stab von bis zu 150 Mitarbeitern und heuert Filmstars an. Sie kreieren seine Traumbilder über mehrere Tage hinweg. Nach den Aufnahmen bearbeitet er die Bilder am Computer, kopiert ein und dasselbe Motiv exakt übereinander und erreicht damit eine gleichmäßige Tiefenschärfe und Mehrdimensionalität. Durch diese Technik entfaltet sich eine surreale, übernatürliche Suggestivkraft, der man sich kaum entziehen kann. In der Serie Sanctuary hingegen fokussiert Gregory Crewdson rein auf die szenografische Architektur und hebt so die Illusionstechniken hervor, die er vorher selbst für seine Sets genutzt oder gebaut hat. Es sind Dokumentarfotografien vom leeren Studio der Cinecittá in Rom, die das verborgene Leben des Films und deren verbliebenen Artefakte nach einer Produktion zeigen - Stützkonstruktionen von Fassaden, Baugerüste, von Gras überwucherte Gassen, zerstörte Statuen, alte Graffiti und Wasserpfützen. Die Schwarz/Weiß-Fotografien zeigen eine irreale, ruhige Welt ohne Leben im intensiven Licht des Morgengrauens und der Dämmerung. Fireflies hingegen, seine früheste Serie in dieser Ausstellung, besteht aus kleinen, monochromen Bildern und zeigen eine radikale Abkehr von Gregory Crewdsons Stil der großformatigen, kinematografischen Fotografien. Die Bilder bestechen durch ein fein komponiertes Licht und eine intensive Farbigkeit. Inhaltlich führen sie das bisherige Oeuvre von Gregory Crewdson weiter - seine Faszination für die gewöhnliche Landschaft, Licht als narratives Element und die Natur als psychologisches Mysterium. Gregory Crewdson, 1962 in Brooklyn geboren, ist der Sohn eines Psychoanalytikers und studierte an der State University of New York und der Yale University. Anfang der 1990er Jahre erregte er mit der Serie "Natural Wonder", in der die Natur als magisch-mythischer Ort dargestellt wird, erstmals Aufmerksamkeit. Seit 1994 ist er Professor für Fotografie an der Yale University. Sowohl das renommierte Whitney Museum of American Art als auch das New Yorker Guggenheim Museum widmeten ihm in den letzten Jahren große Ausstellungen.

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