18.09.2010 - 31.10.2010
Der Maler MATTHIEU RONSSE, geboren 1981 in Kortrijk, hat in seiner belgischen Heimat in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit der zeitgenössischen Kunstszene auf sich gezogen. Es sind vor allem zwei Dinge in RONSSES Werk, die, so verschieden sie sind, sein Reüssieren verantworten und auch erklären. Zum einen ist da die verblüffende Qualität seiner Malerei: RONSSES fast disparate Ikonografie umfasst Interieurs, Stilleben, Momentaufnahmen von Hardcore-Konzerten, Pin-Up Mädchen und immer wieder Adaptionen der Kunstgeschichte: Da Vinci, Watteau, Goya, Manet, Fragonard und, in geradezu exzessiver Weise, immer wieder Velázquez; aber auch jüngere Meister wie Dan Flavin oder Joseph Kosuth. Diese Vor-Bilder übersetzt RONSSE in einer technischen Finesse, die heute von wenigen erreicht wird. Das Helldunkel, die delikate Zeichnung und die feinen Lasuren seiner Bilder weisen ihn aus als hervorragenden Techniker und auch als echten „Fan“ seiner kunsthistorischen Vorbilder.
Angesichts dieser stupenden formalen Zutaten könnte man fast vergessen, in welche elaborierte und unzeitgemäße Erzählung RONSSE die erwähnten Bilder einbettet. Doch ist es notwendig festzustellen: RONSSES Ausstellungen bestehen aus Installationen, Performances und Interventionen, die mehr sind als ein Rahmenprogramm um seine malerischen Werke. Typischerweise bringt RONSSE (oft riesige) architektonische Strukturen aus dem Atelier in den Ausstellungsraum (ASYL, 2007), füllt diesen mit Objekten des Alltags, einem Kühlschrank, einem Basketball, einem Gewehr. Diese Elemente verschieben das Konzept der Ausstellungen merklich von Schauen autonomer Bildwerke hin zu einer offeneren Form, die immer auch theatralische Elemente beinhaltet und oft skurrilen, nicht zuletzt am surrealistischen Geist von Magritte oder Broodthaers geschulten Begegnungen Raum bietet. Édouard Manets „Une botte dÂ’asperges“ als Kohlezeichnung auf fettigem Pizzakarton (dasselbe Motiv war bereits Teil einer Galerieausstellung in Köln, so dass man vermuten kann, dass auch Hans Haake bei der Entstehung über Manets Schulter blickte), gemalte Rahmen und Bildräume um zitierte Gemälde, neuerdings auch abstrakte Großformate im Geist des Tachismus – all das bricht die Kohärenz der figürlichen Tafelbilder auf und wirft sie
hinein in den prallen Alltag.
Das performative Moment beschränkt sich indes nicht auf Requisiten und Relikte. RONSSE performt selbst mit musikalischen Projekten oder lädt Bands ein, dies zu tun.
Die Eröffnung im Bonner Kunstverein wird gleich von drei Bands bespielt: Faceneck, Spleen (beide mit Beteiligung von Matthieu Ronsse) sowie dem belgischen Projekt Possessed Factory. Nach dem Konzert am Eröffnungsabend bleiben die Instrumente im Ausstellungsraum; sie verlängern den Moment der Performance und helfen (nicht zuletzt beim Rahmenprogramm mit Kindern und Jugendlichen) die Kraft des besonderen Augenblicks zu bewahren.